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Mit Informatik gestalten

Der Studiengang Medieninformatik gibt Absolvent*innen das Rüstzeug an die Hand, um Medienprodukte mit moderner Computertechnik zu erstellen und medienbezogene Software zu entwickeln. Arbeitgebende sind zum Beispiel Unternehmen aus dem Bereich der Web-Entwicklung und App-Entwicklung, Werbeagenturen, Druckverlage und Ton- und Filmstudios.

Lesen Sie Geschäftsberichte… – und lernen Sie Betriebswirtschaftslehre, damit Sie Geschäftsberichte lesen können! –

10. November 2020

Von Prof. Dr. Andreas Haaker, CIIA, CEFA

Vieleicht ist der eine oder andere von Ihnen mit einer kleinen „Investition“ in Wirecard-Aktien gleichsam auf die Nase gefallen und musste erstaunt feststellen: Das Wirecard-Geschäftsmodell scheint nicht viel getaugt zu haben. Dabei hatte doch die Wirtschaftspresse das „Technologie“-Unternehmen stets angepriesen als eine Art „Amazon aus München“ oder so ähnlich. Zudem war Wirecard doch im Dax notiert. Nun klafft eine finanzielle Lücke, welche die Weihnachtsfreude versauert. Dass Corona-bedingt das Geld für die geplante Urlaubsreise gespart werden kann, ist für die Betroffenen wohl ein schwacher Trost.

Was lässt sich hieraus lernen?

Zunächst ist nicht auf die Kursentwicklung, sondern auf den Wert einer Aktie zu schauen. Der Betriebswirt spricht von einem positiven Kapitalwert. Der Barwert der zukünftig erwarteten Dividenden muss höher sein als der bezahlte Preis der Aktie (= Kurs) zum Erwerbszeitpunkt. Dass das Kapitalwertkriterium betriebswirtschaftlich auch bei Aktieninvestitionen zu beachten ist, wird bei einer rasanten Kursentwicklung leicht übersehen. Wer aber beim Aktienerwerb allein auf den positiven Kurstrend, also auf einen steigenden Marktpreis setzt, der investiert nicht, sondern spekuliert. Die Spekulation auf Kurssteigerungen ist per se nichts Verwerflichen. Spekulation ist aber ungleich riskanter als eine fundierte Investitionsentscheidung nach dem Kapitalwertkriterium. Leider ist echtes investieren ungleich aufwendiger als reine Spekulation. Die für eine betriebswirtschaftlich fundierte Wertermittlung erforderlichen Informationen müssen mühevoll „erlesen und errechnet“ werden. Nur so erarbeitet sich der Aktieninvestor vor seinem betriebswirtschaftlichen Hintergrundwissen das bewertungsrelevante Wissen.

Kann man das?

Im Prinzip hat der Wirecard-Fall bewiesen, dass Märkte nicht immer „richtig“ liegen und der Kurs nicht dem Wert einer Aktie entsprechen muss (Wert ≠ Preis). Die Leerverkäufer, die auch nur Menschen sind, haben gezeigt, dass sich entsprechende Abweichungen zwischen Wert und Preis finden, richtig beurteilen und ausnutzen lassen. Nur handelt es sich bei den Leerverkäufern um Profis (zumeist mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung und Erfahrung), welche genügend Zeit und andere Ressourcen besitzen, um erfolgreich zu agieren („short zu gehen“). Zudem geht es bei (hoffentlich hinreichend diversifizierten) Kleinanlegern um Aktieninvestitionen in Form eines Erwerbs von Aktien („long gehen“), bei denen der Wert höher ist als der Preis.

Was ist zu tun?

Warren Buffett sagte einmal, er lese jedes Jahr hunderte und hunderte von Geschäftsberichten. Sein Ziel ist es, den für eine Aktieninvestition relevanten Wert eigenbestimmt zu beurteilen (sog. value investing). Dabei wird er sich sicherlich nicht vom Narrativ eines „Technologieunternehmens“ blenden lassen, wie es bei manchem Wirecard-Anlegern der Fall gewesen sein dürfte. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ein Technologieunternehmen dank schwer imitierbarer Wettbewerbsvorteile („Moat“) dauerhaft hohe Gewinnmargen erzielen kann, oder ein imitierbares Massengeschäft mit substituierbarer Technologie betreibt. Durch hohe Marktrivalität beim Geschäft mit vertretbaren „Gattungsgütern (Commodities)“ vergleichbaren (Zahlungs-)Dienstleistungen entsteht ein hoher Gewinn- und Margendruck, der oftmals in Marktanteilskämpfe und Preiskriege mündet (vgl. Simon, Am Gewinn ist noch keine Firma kaputt gegangen, Frankfurt/New York 2020, S. 127 f.). Um sich der Rivalität zu entziehen, werden Produktdifferenzierung oder das Ausweichen in Nischen empfohlen. Ob Wirecard hier die Nische „Risiko-Kunden“ (so Pieter van der Does, in Handelsblatt Nr. 182 vom 21.09.2020, S. 28 f.) besetzen wollte, kann dahingestellt bleiben. Das Ausweichen in Nischen vermindert jedenfalls Skalen- und Lernkurveneffekte auf der Kostenseite. „Im Kampf gegen den Margendruck, der von Substitution und neuen Wettbewerbern ausgeht, hilft in der Regel nur Innovation bis hin zur Änderung des Geschäftsmodells“ (Simon, Am Gewinn ist noch keine Firma kaputt gegangen, Frankfurt/New York 2020, S. 128).

Wirecard-Geschäftsmodell im Geschäftsbericht?

Wer wollte, konnte dazu im Konzernlagebericht von Wirecard folgendes nachlesen: „Das Geschäftsmodell der Wirecard Gruppe stützt sich überwiegend auf transaktionsbasierte Gebühren für die Nutzung der Dienstleistungen im Bereich der elektronischen Zahlungsabwicklung“, wobei lediglich „die Kombination aus Technologie- und Finanzprodukten, die globale Ausrichtung der Zahlungsplattform und innovative und digitalisierte Lösungen, um Zahlungen effizient und sicher für Händler abwickeln zu können“, zu den „wesentlichen Alleinstellungsmerkmalen gehören“ sollten (Wirecard, Geschäftsbericht 2018, S. 38). Ob die Anleger die Lageberichtsangaben zum Geschäftsmodell nicht gelesen haben, glaubten, (potentielle) Konkurrenten hätten keine vergleichbaren „Alleinstellungsmerkmale“ oder ob sie auf eine Differenzierung im Hinblick auf die den „Datenschatz“ hofften, bleibt offen.

Was also studieren?

Wer in Aktien investieren möchte, sollte Geschäftsberichte lesen und analysieren können. Dabei gilt es auch, Geschäftsmodelle und bestehende Narrative (z.B. über „Technologieunternehmen“) kritisch zu hinterfragen. Voraussetzung dafür ist betriebswirtschaftliches Hintergrundwissen über Unternehmen, Märkte, Strategien, Bilanzierung, Investition und Kostenrechnung. Entsprechendes Wissen bieten übrigens Veranstaltungen zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre und darauf aufbauende Module zur Rechnungslegung, Kostenrechnung sowie zum operativen und strategischen Controlling.

 

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Prof. Dr. rer. pol. Andreas Haaker

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